Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin von sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - 'Läuse-Alarm'

Esther Dietiker ruft entnervt bei sante24 an: ihre beiden Töchter (5 und 8) haben zum ersten Mal Läuse. Aus Kindergarten und Schule hat sie Informationen bekommen, wie sie vorgehen soll.


Die Grossmutter, die es sehr peinlich findet, dass die Enkelinnen Läuse haben, hat ganz andere Empfehlungen, was die Haushaltshygiene angeht und meint auch,  die Tochter müsse mit den Kindern zum Arzt, weil nur er Mittel verschreiben könne, die wirklich wirken,  alles andere sei «rausgeschmissenes» Geld…

Sind Läuse ein Zeichen schlechter Hygiene?

Der sante24-Mitarbeiter kann Esther Dietiker völlig beruhigen: «Läuse fühlen sich auf gewaschenen Köpfen und Haaren mindestens so wohl wie auf ungepflegten. Sie brauchen einfach Haare, um sich festzuhalten, eine etwas feucht-warme Temperatur wie meist kurz oberhalb des Haaransatzes und alle paar Stunden menschliches Blut!». Ohne diese Faktoren können Läuse nicht überleben und sich nicht fortpflanzen. Die sie weder fliegen noch schwimmen können, ist eine Übertragung eigentlich nur bei direktem Kontakt von Haarschopf zu Haarschopf möglich (ausnahmsweise evtl. noch durch den Gebrauch derselben Haarbürste kurz hintereinander). Das ist auch der Grund, wieso in der Regel kleinere Kinder und mehr Mädchen als Knaben betroffen sind – Mädchen stecken oft beim Spielen die Köpfe zusammen. Auch bei Übernachtungen im selben Bett oder beim Kuscheln können sich «Gspänli», Geschwister oder auch Eltern anstecken.  Prinzipiell kommen Läuse  weltweit und bei Kindern allen Gesellschaftsschichten vor.

Muss ich jetzt jeden Tag die ganze Bettwäsche waschen, alle Bürsten und Spängeli auskochen und alle Schmusetiere wegsperren?

«Früher hat man das tatsächlich so empfohlen», erklärt der sante24-Mitarbeiter, «als man noch nicht genau gewusst hat, dass Läuse nicht ausserhalb des menschlichen Kopf-Milieus überleben können.» Heute ist die Empfehlung, sich ganz auf den Kopf zu konzentrieren und Bettwäsche und «Schmusetierli» in Ruhe zu lassen. Wenn man will, kann man Haarspängeli und Haarbürsten bei 60° einige Minuten einlegen, um wirklich ganz sicher zu sein, aber auch das ist nicht unbedingt notwendig.

Bekomme ich nur beim Arzt ein «richtiges» Medikament?

Auch diese Empfehlung der Grossmutter war bis vor ca.zehn Jahren richtig. Damals musste man ziemlich starke Medikamente gegen Läuse einsetzen, die eine chemisch-pharmakologische Wirkung hatten. Dann hat man entdeckt, dass vor allem silikon-ähnliche Stoffe, wenn man die Haare damit komplett benetzt,  die Atmungsöffnungen der Läuse verstopfen oder zerstören, also physikalisch wirken und so die Läuse mindestens genauso gut abtöten,  aber sehr viel ungefährlicher für den Menschen sind. Gegen die Läuse-Eier (Nissen), die die Läuse ca. 1 -2 cm vom Haaransatz entfernt fest aussen an den Haarschaft «kleben», wirken allerdings beide Mittel nicht.  Deshalb sollte man zusätzlich die Haare mit einem Läusekamm Strähne für Strähne durchkämmen und versuchen, dadmit die Nissen zu entfernen. Trotzdem sollte man die Behandlung mit der silikonartigen Flüssigkeit nach ca. 7-9 Tagen wiederholen, damit man eventuell doch noch frisch geschlüpfte Läuse damit erwischt, bevor sie neue Eier legen.   

Wie lange muss man das Mittel auf den Haaren lassen, damit die Läuse wirklich tot sind?

Das schnellste Mittel, das auf dem Markt ist, benötigt nur 15 Minuten, andere eine Stunde oder längstens über Nacht. Es ist allerdings ganz wichtig, dass wirklich alle Haare, auch am Hinterkopf, reichlich mit der Flüssigkeit benetzt werden. Nur wenn das ganze Haar fettig-ölig wird und komplett nass aussieht, kann man sicher sein, dass man alle lebendigen Läuse erwischt. Dies ist auch der häufigste Anwendungsfehler, dass man zu wenig des Mittels nimmt. Vor allem bei Kindern mit dichtem oder langem Haar braucht man eine ganze Packung für eine Anwendung. Da die Mittel nicht ganz billig sind, versucht man, eher sparsam damit umzugehen – das ist aber gerade kontraproduktiv! Bei einem Packungspreis von knapp über 20 Franken kann also für eine mehrköpfige Familie bei 2 Behandlungsblöcken eine ganz schöne Gesamtsumme zusammen  kommen. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn die Kinder sich schon bald wieder anstecken, weil andere Eltern sich aus falscher Scham nicht trauen, dem Kindergarten, der Schule oder dem Sportclub sofort Bescheid zu geben, wenn ein Kind betroffen ist oder andere (Haus)mittel probieren, die weniger teuer sind, in der Regel aber nichts oder nicht genug nützen.

Kann man irgendwie vorbeugen, dass man sich nicht wieder ansteckt?

«Leider nein», ist die Antwort des sante24-Gesundheitsberaters. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, irgendwelche Stoffe zu finden,  die eine abschreckende Wirkung auf Läuse hätten. Auch Shampoos, die das versprechen, können keine Studienresultate dazu vorlegen. Ist eine Klasse betroffen, kann man höchstens darauf achten, dass die Kinder die Haare zusammenbinden oder evtl. ein Kopftuch tragen. Die meisten Kinder haben das aber nicht gerne und ziehen es irgendwann am Tag einfach aus. Am besten hilft eigentlich, wenn man einen offenen Umgang mit dem Thema pflegt, es enttabuisiert und so auch sofort informiert wird, wenn Läuse auftreten, damit alle ihre Kinder kontrollieren und bei Bedarf ( wenn lebendige Läuse gefunden werden) sofort behandeln können.

Esther Dietiker ist froh, dass sie jetzt die aktuellen Empfehlungen kennt und auch weiss, wieso ihre Mutter ganz andere Ideen hatte. Im Elternrat will sie sich dafür einsetzen, dass an der Schule ein Elternabend über Läuse abgehalten wird.

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von sante24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.

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