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Ess-Erziehung
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Erfahren Sie, wie Ihre Kinder ihr Essverhalten erlernen und wie Sie dieses positiv steuern können. Im ersten Teil erfahren Sie etwas über die Geschmacksentwicklung bei Kindern.

Geschmäcker sind ja bekanntlich unterschiedlich. Ihre Kinder entwickeln eigene Vorlieben und Abneigungen, was den Geschmack von Nahrungsmitteln anbelangt. Doch die Geschmacksentwicklung ist komplex und beginnt schon vor der Geburt.

"Sicherheitsgeschmack der Evolution"

Neugeborene auf der ganzen Welt mögen süss und lehnen sauer, stark salzig und bitter ab. Die Vorliebe für süss ist in tiefen Hirnregionen verankert und bei der Geburt schon vorhanden. Der amerikanische Ernährungspsychologe Paul Rozin nennt dies den "Sicherheitsgeschmack der Evolution". Denn es gibt nichts Süsses auf der Welt, das giftig ist. Ausserdem weist der süsse Geschmack auf eine hohe Energiedichte hin, was früher bei knappen Nahrungsressourcen überlebenswichtig war. Umgekehrt lässt sich eine angeborene Abneigung gegen Bitteres erklären: Viele natürliche Giftstoffe schmecken bitter. Süss und bitter sind bei Ihren Kindern also schon genetisch verankert.

Prägung im Mutterleib

Über das Fruchtwasser und die Nabelschnur geben Sie Ihrem Kind Geschmackseindrücke weiter. Je abwechslungsreicher Sie während der Schwangerschaft essen, desto mehr Geschmacksrichtungen lernt Ihr Kind kennen und lieben. Es wird später aufgeschlossener gegenüber Nahrungsmitteln sein. Ernähren Sie sich einseitig und beschränken sich auf wenige Nahrungsmittel, so wird Ihr Kind später tendenziell nur diese bevorzugen und die Mehrzahl der anderen Nahrungsmittel ablehnen.

Prägung über die Muttermilch

Geschmäcker und Aromen Ihrer Mahlzeiten gehen in die Muttermilch über. Wenn Sie Ihr Kind also stillen, geben Sie ihm weiterhin verschiedene Geschmackseindrücke weiter und Ihr Kind entwickelt noch mehr Vorlieben. Auch hier gilt: Je abwechslungsreicher Sie essen, desto mehr Geschmackseindrücke geben Sie Ihrem Kind weiter.

Ich esse nur, was ich kenne

Wenn Sie Ihrem Kind immer wieder ein bestimmtes Nahrungsmittel anbieten, so wird es dieses irgendwann auch mögen.  Es braucht zirka 17 Versuche, bis ein Kind ein Nahrungsmittel mag. Bei Ihrem Lieblingsessen wird das kein Problem sein, das bieten Sie sowieso oft an. Bei Ihrem Würgessen wird's schon schwieriger. Deshalb: Ess-Abneigungen sind nicht vererbt, sondern lediglich nicht gelernt! Ihr Kind schmeckt sich langsam in Ihre Esskultur hinein und lernt diese kennen. Somit ist auch verständlich, warum Chinesen oder Mexikaner völlig verschiedene Geschmacksvorlieben besitzen. Auch hier gilt wieder ein biologisches Sicherheitsprinzip: Ihr Kind lernt ein Nahrungsmittel kennen, merkt, dass es verträglich und ungiftig ist und speichert es ab. Dieses Nahrungsmittel erkennt es später wieder und weiss, dass es dieses essen kann, ohne negative Konsequenzen zu befürchten.

Das hängt mir zum Hals heraus

Wenn Sie ein Nahrungsmittel zu oft hintereinander verspeisen, entwickeln Sie eine Abneigung dagegen und wollen es erst einmal für eine Weile nicht mehr essen. Dies nennt sich die spezifisch-sensorische Sättigung. Sie sorgt dafür, dass Sie sich abwechlungsreich ernähren. Bei Ihrem Kind dauert es etwas länger, bis diese sensorische Sättigung auf Ablehnung umschaltet. Haben Sie also etwas Geduld, wenn Ihr Kind immer nur Spaghetti essen möchte, irgendwann hängen diese auch ihm zum Hals heraus.

So entstehen starke Abneigungen

Isst Ihr Kind einen verdorbenen Thunfisch-Salat, geht es ihm danach mies und es muss erbrechen. Ihr Kind wird vermutlich nie wieder Thunfisch essen wollen. Nur schon der Gedanke daran verursacht neue Übelkeit. Ihr Kind hat eine Aversion, also eine starke Abneigung gegen Thunfisch entwickelt. Eine solche Aversion kann auch durch eine negative Erfahrung mit zeitgleicher Nahrungsaufnahme entstehen, obwohl die Nahrungsaufnahme nicht die Ursache der negativen Erfahrung ist. Bekommt Ihr Kind seine Lieblingsspeise vorgesetzt, während es krank im Spital liegt und es ihm gerade sehr schlecht geht, so entwickelt es eine Aversion gegen das Nahrungsmittel. Es verbindet seine Lieblingsspeise mit seinem schlechten Gesundheitszustand, obwohl die Speise nichts damit zu tun hat. Die Geschmacksentwicklung Ihres Kindes ist verbunden mit der Entwicklung seines Essverhaltens.

Lesen Sie im zweiten Teil am nächsten Donnerstag mehr dazu.

Natalie Zumbrunn-Loosli

Autor
Natalie Zumbrunn
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Hmm, das ist fein!
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