Dachzeile
Behinderung und Arbeitswelt
Teasertext
Roger Schwalm leidet unter einer Lernbehinderung. Trotzdem arbeitet er – als Reinigungsmitarbeiter bei der Zürcher Sozialfirma Öko-Reinigungsservice GmbH. Das gefällt ihm und er träumt davon, bald seinen Lebensunterhalt selbständig bestreiten zu können.

Roger Schwalm hofft, bei der Sozialfirma zum Reinigungsexperten zu werden. Bei der Arbeit im Zürcher Museum Haus Konstruktiv erzählt er von seiner Arbeit und seinen Träumen.

«Ich bin zufrieden mit meinem Job als Reinigungsmitarbeiter beim Öko-Reinigungsservice. Das ist eine Sozialfirma, in der Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung arbeiten – zusammen mit Nichtbehinderten.

Umweltschonend putzen

Besonders gut finde ich, dass wir in der Unterhaltsreinigung ohne Chemie und Gift arbeiten, nur mit Wasser und Mikrofasern. Sauber wird’s genauso, und wir schonen Gebäude und Umwelt.

Ich finde es toll, dass man mir in der Firma Verantwortung überträgt. Weil ich gewissenhaft bin, darf ich viele Arbeiten selbständig ausüben. Ich bin sogar zum Vertreter der Mitarbeiter in Sicherheitsfragen und Gesundheitsschutz ernannt worden. Ich belege Kurse zu diesen Themen und gebe mein Wissen gern an Angestellte weiter, die massivere Probleme haben als ich. Manche leiden unter Depressionen und sind verunsichert. Da kann es schon helfen, wenn man zuhört. Ich staune immer wieder, wie man Leute wecken kann, die sonst nie aus sich herauskommen, wenn man das Thema findet, das sie interessiert.

Aufpassen bei der Arbeit im Museum

Meine Arbeit ist abwechslungsreich. Ich arbeite für elf Kunden, komme mit vielen Leuten in Kontakt. Jetzt gerade putze ich im Zürcher Museum Haus Konstruktiv. Ich kontrolliere die Toiletten, reinige den Kühlschrank, leere die Papierkörbe. Die Fenster muss ich heute nicht putzen, aber das mache ich sehr gerne.

Am meisten Spass macht mir aber die Bodenreinigung mit der grossen Scheuersaugmaschine. Natürlich ökologisch, nur mit Wasser und Bürsten. Dabei muss ich besonders umsichtig sein. Ich darf mit meiner Maschine keines der Ausstellungsstücke berühren. Aber zum Glück ist mir nie etwas passiert. Ich passe auf.

Die im Museum Haus Konstruktiv ausgestellte Kunst ist manchmal ganz witzig. Einmal gab es einen Raum voller Pfeile. Das gefiel mir, auch wenn die Putzerei da besonders heikel war. Mit manchen anderen Sachen hingegen kann ich nichts anfangen. Aber mir muss ja auch nicht alles gefallen.

Lern- und Hörschwäche

Man merkt es mir nicht sofort an, aber ich leide unter einer Beeinträchtigung. Es ist eine Lernschwäche, wegen der ich länger brauche, bis ich mir etwas merken kann. In der Schule zeigte sich das besonders beim Rechnen. Da musste ich ewig büffeln, bis ich etwas behalten konnte. Trotzdem ging ich gern zur Schule und hatte verständnisvolle Lehrer.

Ich habe auch eine Hörschwäche. Manche Dinge höre ich einfach nicht. Das ist zwar manchmal praktisch, aber auf die Dauer doch mühsam. Ich erhalte deswegen bald ein Hörgerät, ein modernes, das man nicht sieht. Aber eigentlich fühle ich mich nicht behindert. Mein Ziel ist es, einmal einen Job zu finden, der zum Leben reicht und nicht mehr von Zahlungen der IV abhängig zu sein. Die Arbeit beim Öko-Reinigungsservice ermöglicht es mir, durch mehr Verantwortung und Leistung allmählich von der IV wegzukommen.

Traum von Wärme und Liebe

Der Winter ist nicht meine Jahreszeit. Ich liebe die Wärme, das Baden im Meer. Bis in die Türkei habe ich es schon geschafft, aber mein Traumziel ist Asien. Ich besitze Bücher über die Kultur Thailands, den Buddhismus und die Tempel und auch eine kleine Buddha-Sammlung. Vielleicht wandere ich ja mal in ein asiatisches Land aus, wer weiss? Am liebsten mit einer lieben Partnerin. Ich habe zwar keine Freundin, aber ich halte natürlich die Augen offen.»

Zur Person

Name: Roger Schwalm
Geburtstag: 26. August 1982
Familie: Führt einen Single-Haushalt in Glattfelden ZH
Beruf: Gelernter Landwirt, arbeitet als Reinigungsmitarbeiter
Was ich liebe: Fenster putzen, Gerechtigkeit, Krafttraining, Schwimmen, Pizza
Was ich nicht mag: Leute, die Schwächere diskriminieren – jeder verdient eine Chance

Autor
Beat A. Stephan
Teaser Bild
Bild
Vorsichtig: Roger Schwalm im Museum Haus Konstruktiv in Zürich. Im Hintergrund das Mondrian-Kleid von Yves Saint Laurent (1965)
Kategorie
Nicht in Listen
Nein