Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Krafttraining für Jugendliche - was muss ich wissen?

Sandro Bösch ist wegen seines gerade 16-jährigen Sohns Cyrill, der ein Fitnessabo abschliessen möchte, am sante24-Telefon. «Mein Sohn ist etwas schmächtig und kleiner als seine Klassenkameraden und sieht noch recht kindlich aus. Deshalb will er ins Fitnessstudio gehen


und etwas mehr Muskeln bekommen. Nach dem Probetraining hat er vom Fitnessstudio ein Einverständnisformular mitbekommen, das wir als Eltern unterschreiben sollen. Jetzt bin ich unsicher geworden. Können Sie mir sagen, auf was ich achten muss?». Nachdem der sante24-Gesundheitsberater sich noch genauer nach dem Pubertätsstadium von Cyrill erkundigt hat, bietet er einen Rückruf der sante24-Bewegungs-Fachspezialistin an, damit Sandro Bösch fachkundig beraten werden kann.

 

Ist Krafttraining für Jugendliche sinnvoll?
Im Prinzip ja, denn kräftige Muskeln können in jedem Lebensalter Verletzungen (auch durch andere Sportarten wie Fussball, Tennis, Ballett, Skifahren, Kampfsport usw.) vorbeugen. Vor oder zu Beginn der Pubertät empfiehlt man eher Übungen mit dem eigenen Körpergewicht und kleinen Zusatzgewichten. In Verlauf der Pubertät gleicht sich das Krafttraining dem eines Erwachsenen an. Die Belastung sollte aber sehr langsam und kontinuierlich mit dem Trainingsumfang gesteigert und erst später die Intensität erhöht werden. Bei der Entscheidung im Kindes- und Jugendalter Krafttraining durchzuführen, kommt es darauf an zu wissen, welche positiven und negativen Auswirkungen durch das Krafttraining erzielt werden können je nach körperlichem und geistigem Entwicklungsstadium des Jugendlichen.

Auf was muss man achten?
Bei gesunden Jugendlichen, die sportlich normal leistungsfähig sind, sind keine speziellen Voruntersuchungen notwendig. Bei Kindern mit chronischen Erkrankungen wie Asthma, Diabetes, Herzproblemen oder anderen sollte man die Art und Intensität des Trainings mit den betreuenden Kinder-Fachärzten absprechen. Bei vorbestehenden Problemen am Bewegungsapparat wird vor Beginn des Trainings zu einer präventiven Untersuchung durch einen Kinder-(Sport-)Arzt geraten.

Im Training und vor allem bei Zunahme der Kraftleistung muss der Knochen-, Bänder- und Sehnenapparat gut beobachtet werden. Dieser reagiert auf langandauernde, einseitige sowie extreme Belastungen negativ, da in dieser Phase die Wachstumsfugen der Knochen anfällig sind. Schmerzen und starker Muskelkater z.B. sind deutliche Zeichen von Überbelastung.

Was hat Krafttraining mit der Pubertät zu tun?
Das Muskelwachstum bei Männern wird vom Geschlechtshormon Testosteron beeinflusst. Am Ende der Pubertätsphase ist bei Jungen der Testosteronspiegel so hoch, dass aufgrund des beschleunigten Muskelwachstums (anaboler Effekt) Krafttraining sehr effizient ist. Das heisst aber auch, dass Krafttraining bzgl. sichtbarem Muskelwachstum erst «lohnend» ist, wenn deutliche Pubertätszeichen wie Schambehaarung, Stimmbruch, Wachstumsspurt usw. da sind. Allerdings wächst die körperliche Belastbarkeit oft nicht in gleichem Maße wie die Muskelkraft. Bänder und Sehnen und vor allem das Skelett sollte im Trainingsprozess daher unter dauernder aufmerksamer Beobachtung stehen, da das intensive Längenwachstum vorrübergehend die Belastbarkeit des Bewegungsapparates inklusive der Wirbelsäule reduziert.

Vor oder zu Beginn der Pubertät ist ein Krafttraining zum Muskelwachstum deutlich weniger effektiv. Stattdessen sollte sogenanntes intermuskuläres Krafttraining in sportlichen Bewegungsabläufen gegen gut dosierte Widerstände und mit mäßiger Belastungszunahme eingesetzt werden. Auch die Auswirkungen auf das Skelettsystem bei Stoß- und Scherbelastungen sollten in dieser Phase im Training besonders vermieden und durch Übungen ersetzen werden, die in der Bewegungsachse wirken und in stabiler Körperposition durchgeführt werden können. Vor allem Wirbelsäule und Kniegelenke sind zu schonen.

Der korrekte Umgang mit relativ unbeaufsichtigtem Training in einem Fitnessstudio und mit den Erwartungen, was das Training bewirkt, setzt ausserdem eine gewisse geistige Reife voraus, die nicht unbedingt nur vom Lebensalter abhängig ist.

Welches sind die häufigsten Unfälle im Fitnessstudio?
Die grösste Risikoquelle für Unfälle beim Krafttraining mit Heranwachsenden sind die Trainingsgeräte (z.B. Fingerverletzungen/-quetschungen durch herabfallende Gewichte).  

Was sollte das Fitnessstudio für Jugendliche bieten?
Das wichtigste ist, dass das Studio immer von Fachkräften betreut ist, so dass die Jugendlichen nicht ganz alleine trainieren und jemand korrigierend eingreifen kann. Ausserdem sollte es differenzierte Trainingspläne und Ziele für Jugendliche geben, die diesen auch erklärt werden. Nach ein paar Trainings sollte es wieder ein kontrolliertes Training geben, damit sich keine Fehlbelastungen und -erwartungen einschleichen. Wichtig ist auch, auf langsame Fortschritte zu hinzuarbeiten und vor allem auch bei übertriebenem Ehrgeiz den Kontakt zum Jugendlichen und evtl. auch zu den Eltern zu suchen.

Sandro Bösch konnte daraufhin mit einer klaren Vorstellung und guten Fragen ins Fitnessstudio gehen und auch seinen Sohn darauf vorbereiten, dass das Muskelwachstum bei ihm aufgrund einer etwas verzögerten Pubertät nicht schnell zunehmen wird. Trotzdem kann ein adäquates Krafttraining in seiner Situation sinnvoll sein. Da Sandro Bösch für die ganze Familie Zusatzversicherungen abgeschlossen hat, macht die Bewegungs-Fachspezialistin ihn abschliessend darauf aufmerksam, dass SWICA sich auch bei seinem Sohn mit bis zu 800 Franken pro Jahr an einem Fitnessabo beteiligt. https://www.swica.ch/fitness.

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von sante24 und selber Fachärztin für Kinder und Jugendliche. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss. Mit der medizinischen App BENECURA können SWICA-Versicherte ausserdem bei Krankheitssymptomen einen digitalen SymptomCheck machen und erhalten Empfehlungen fürs weitere Vorgehen. Der Kunde entscheidet in Einzelfall vor einem Telefonat, ob er die im SymptomCheck gemachten Angaben sante24 freigegeben möchte.

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