Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin von sante24

5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Verbrühungen!

Aufgeregt ruft Patrick Zwicky am Samstag Nachmittag bei sante24 an. Sein 4-jähriger Sohn Manuel hat beim Umgiessen von Tee gerade mehrere grössere Spritzer kochenden Wassers auf die Handaussenseite abbekommen. Man sieht nicht viel, der Kleine brüllt aber wie am Spiess und schüttelt die Hand.


Die Mama ist nicht zuhause, was soll Patrick Zwicky machen?

Was sind die Erste-Hilfe-Massnahmen bei Verbrühungen/Verbrennungen?

Die sanet24-Gesundheitsberaterin empfiehlt Patrick Zwicky, noch während des Telefonats kühles Wasser (ca. 20°C) aus dem Hahnen über die Hand seines Sohns laufen zu lassen. In den ersten 10-15 Minuten reduziert das die Schmerzen und kühlt die verbrühten Hautstellen. Auf keinen Fall mit Eiswürfeln kühlen, da die verletzte Haut zusätzlich noch einen Kälteschaden bekommt. Wichtig ist ausserdem, das Kind aus der Gefahrenzone zu bringen bzw. den Teekocher wegzustellen oder die heissen Flüssigkeiten auszugiessen, so dass im Stress nicht noch ein weiteres Unglück passieren kann. Ausserdem sollte Patrick Zwicky seinen Sohn ganz ausziehen, um zu schauen, ob evtl. noch andere Haustellen am Körper betroffen sind.

Was muss man beachten bezüglich Verbrennungsgrad und Ausdehnung?

Bereits über 52 °C heisses Wasser schädigt die Haut so sehr, dass Brandblasen, also eine Verbrühung/Verbrennung zweiten Grades entstehen können. Der frisch aufgebrühte Tee war sicher heisser, so dass man von einer Grad 2-Verbrühung ausgehen muss. Manuel hat jedoch Glück gehabt: Ausser seiner Hand sind keine anderen Körperstellen getroffen worden. Die Ausdehnung bzw. wie viel Prozent der Körperoberfläche betroffen sind, kann die Gesundheitsberaterin abschätzen, weil nach der Handflächenregel die gesamte Handinnenfläche eines Kindes inklusive Finger einem Prozent seiner Körperoberfläche entspricht. Der Inhalt einer Tasse heisser Flüssigkeit kann genügen, um bis zu 30 Prozent der Körperoberfläche eines Säuglings oder Kleinkindes zu verbrühen.

Wohin mit dem Kind: zum Kinderarzt oder in den Notfall?

Für die weiteren Schritte sind Verbrennungsgrad und Ausdehnung der Verletzung entscheidend. Verbrühungen oder Verbrennungen an heiklen Körperstellen wie Gesicht/Hals, Hände, Füsse, Windelbereich/Genitalien und grossen Gelenken und Grad 2 Verbrühungen mit Blasenbildung sollten in jedem Fall von einem erfahrenen Kinderarzt oder in einer kinderchirurgischen Institution beurteilt und die Behandlung dort zumindest eingeleitet werden. Die Weiterbetreuung kann je nach Schweregrad und Ausdehnung beim Kinderarzt erfolgen. Ist die Verbrühung/Verbrennung ausgedehnter (> 5 Prozent bei Kindern) oder betrifft auch tiefere Hautschichten (offene, tiefe Wunde), muss das Kind mit der Ambulanz in ein Zentrum gebracht werden. Durch den Flüssigkeitsverlust und den Schock kann die Situation schnell lebensbedrohlich werden.

Soll ich auf dem Weg zum Arzt etwas auf die Wunde tun?

Brandverletzungen sollen bis zur Erstversorgung mit nichts bedeckt werden ausser locker mit nassen, sauberen, nicht fusselnden Tüchern (am besten saubere Geschirrtücher, Baumwolltücher, T-Shirt…). Kein Cremes, Salben, Gels und andere Mittel anwenden, denn sie erschweren die Beurteilung der Verletzung. Zur Wundversorgung müssen diese zudem wieder entfernt werden, was mit unnötigen Schmerzen verbunden ist. Falls schon Brandblasen entstanden sind, dürfen diese auf keinen Fall aufgestochen oder anders geöffnet werden. Zur ersten Schmerzlinderung können die üblichen Medikamente als Tabletten, Saft oder Zäpfchen verabreicht werden.

Was für Spätschäden können nach einer Brandverletzung bleiben?

Je nach Verbrennungsgrad und Lokalisation kann die Narbenbildung ein Problem darstellen. Verbrennungen ersten Grades heilen in der Regel ohne Spuren zu hinterlassen. Ab Grad 2 muss man allerdings damit rechnen, dass sich Narben bilden. Auch deshalb ist es wichtig, bei ausgedehnteren Verletzungen an kosmetisch heiklen Körperpartien oder an Stellen, die viel bewegt werden, von Anfang an Ärzte oder Zentren zu konsultieren, die mit Brandverletzungen viel Erfahrung haben.

Die sante24-Gesundheitsberaterin rät Patrick Zwicky deshalb, seinem Sohn Schmerzsirup zu verabreichen und danach mit ihm und einer Begleitperson selbst auf die Notfallstation des nächsten Kinderspitals zu fahren. Dort kann die Verbrühung an der Hand fachmännisch beurteilt und versorgt werden. Im Spital bleiben muss er höchstwahrscheinlich nicht, da wegen der kleinen Fläche der Verletzung keine vitale Bedrohung besteht.

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von sante24. Die telefonische Gesundheitsberatung sante24 ist eine zentrale Dienstleistung von SWICA, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Die Fachkräfte von sante24 vereinbaren bei Bedarf einen Arzttermin und schaffen so die Grundlage für eine koordinierte und zielgerichtete Behandlung – von der ersten Beratung bis zum Therapieabschluss.

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