Dr. Silke Schmitt Oggier - Med.Leiterin sante24
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5 Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier - Welche Medikamentendosis braucht mein Kind bei Fieber?

Anna Deubler ist verunsichert. Gerade war sie in der Apotheke, um Fieberzäpfchen für ihre kranke kleine Tochter zu holen. Sie hatte die Tochter im Kinderwagen dabei. «Kann das sein», fragt Anna Deubler am santé24-Telefon, «dass meine Tochter Fieberzäpfchen mit 125 mg


Paracetamol braucht? Sie ist doch erst knapp acht Monate alt. Bis anhin habe ich immer 80 mg genommen. Die Apothekerin meinte aber, das sei jetzt zu wenig. Ich würde lieber erst einmal weniger geben. Was meinen Sie?»

 

Wieviel Milligramm Fieberzäpfchen/-tröpfchen sind richtig für welches Kind?
Anders als bei Erwachsenen, berechnet man bei Kindern die Medikamentendosierung nach dem Körpergewicht. Da Kinder schnell wachsen und zunehmen, ist das die präziseste Methode, um weder zu viel noch zu wenig Wirkstoff zu geben. Beides würde nicht zum gewünschten Ziel führen bzw. bei Unterdosierung zu fehlendem Erfolg und bei Überdosierungen zum Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen. Bei den Fieberzäpfchen mit Paracetamol gibt man ab ca. 6,5 Kilogramm Körpergewicht tatsächlich 125 mg-Zäpfchen, die man maximal 4x/Tag verabreichen darf. Wenn ein achtmonatiges Mädchen sich normal entwickelt hat, sollte es auf jeden Fall 7 kg oder mehr wiegen. Die Apothekerin hatte also anscheinend ein gutes Auge beim Blick in den Kinderwagen. Die empfohlenen Dosierungen nach Gewicht stehen auch im Beipackzettel des Medikamentes.

Was passiert, wenn die Fiebermedikamente zu niedrig dosiert sind?
Wenn man im Verhältnis zum Körpergewicht zu wenig des Fiebermedikamentes verabreicht, bleibt die Wirkung in der Regel ganz aus oder ist sehr abgeschwächt. Dies ist ungünstig, da man dann dem Kind nicht hilft. Es wird weiterhin fiebrig und matt sein und man die Krankheit eventuell falsch, das heisst zu gravierend, einschätzt. Ausserdem wird dann wegen des fehlenden Erfolgs allenfalls zu schnell nochmals ein Fiebermedikament gegeben, was letzten Endes eine zu hohe Dosis zur Folge haben kann. Wenn ein Kind also wirklich ein Fiebermedikament braucht, sollte man die korrekte Dosierung und Tagesverteilung einhalten. Die Frage stellt sich jedoch, ob es überhaupt ein Fiebermedikament braucht.

Wann braucht es Fiebermedikamente?
Medikamente gegen Fieber (ab 38,5°C) verabreicht man, um dem Kind die Symptome zu erleichtern, wenn es sehr matt und weinerlich ist, nicht trinken mag und/oder aufgrund des Fiebers nicht gut schlafen kann. Ist das Kind aber trotz Fieber munter und spielt wie gewohnt, ist es nicht notwendig, das Fieber zu senken. Das Fieber ist keine Krankheit, sondern eine Begleiterscheinung verschiedener Erkrankungen. An der Höhe des Fiebers kann man weder erkennen, wie schwerwiegend die Erkrankung ist, noch ob sie durch Viren oder Bakterien ausgelöst ist. Im Prinzip gehört Fieber zum Abwehrprozess des Körpers und ist somit eine «gesunde» Reaktion.

Kann man auch Essigsöckchen oder -wickel machen, um das Fieber zu senken?
Essigsöckchen können ebenfalls helfen, das Fieber zu senken. Entweder als einzige Massnahme oder zusätzlich zu Fiebermedikamenten. Man muss allerdings darauf achten, dies nur anzuwenden, wenn die Beinchen und Füsschen des Kindes warm, also gut durchblutet sind. Ist das Kind nur am Körperstamm heiss, hat aber kalte Hände und Füsse, darf mein keine Essigsöckchen geben, da man sonst die Durchblutung lokal noch mehr reduziert und die Abkühlung gar nicht mit dem Blutstrom weitergegeben werden kann. Fieber und kalte Extremitäten sind eher ein Zeichen für eine schwerwiegendere Erkrankung, die z.B. vielleicht Antibiotika benötigt.

Was, wenn das Fiebermedikament nicht wirkt, obwohl es richtig dosiert ist?
Die Frage ist erst einmal, was «nicht wirken» bedeutet. Von einem korrekt dosierten Fiebermedikament erwartet man einen Rückgang des Fiebers zwischen ca. 0,5 und maximal 1 °C innerhalb einer Stunde; mehr nicht. Fiebermedikamente machen das Kind in der Regel nicht fieberfrei, auch wenn die Dosierung passend zum Körpergewicht ist. Wichtiger als das Fieber zu messen ist, das Verhalten des Kindes zu beobachten. Es sollte zumindest für eine gewisse Zeit wieder an der Umwelt teilnehmen, spielen, trinken, wenig essen und ruhiger schlafen als zuvor. Hilft eine Substanz, z.B. Paracetamol alleine nicht genug oder nicht lang genug, kann man sie noch mit einer zweiten Substanz, z.B. Ibuprofen kombinieren. Spätestens am dritten Tag mit hohem Fieber (jeweils über 39°C) sollte man mit dem Kind auf jeden Fall zum Kinderarzt, damit er es gründlich untersuchen und sich ein Bild machen kann, was dem Kind fehlt und wie weiter vorgegangen werden soll.

Anna Deubler weiss nach dem Gespräch mit der santé24-Kinderfachspezialistin viel besser, wann sie ihrer kleinen Tochter Fieberzäpfchen geben sollte, wie viel und welchen Erfolg sie erwarten kann. Das beruhigt sie sehr. Zudem freut sie sich, dass sie keine neuen Fieberzäpfchen in der Apotheke kaufen muss, sondern die stärkeren Zäpfchen passend sind, wenn es wirklich fiebersenkende Medikamente braucht.

 

Dr. med. Silke Schmitt Oggier ist die Medizinische Leiterin von santé24 und selber Fachärztin für Kinder und Jugendliche. Die telemedizinische Beratung ist eine zentrale Dienstleistung von santé24, die den SWICA-Versicherten bei allen Fragen rund um die Gesundheit unter der Nummer 044 404 86 86 kostenlos zur Verfügung steht. Eine Praxisbewilligung für Telemedizin ermöglicht es den Ärzten von santé24 zudem, bei telemedizinisch geeigneten Krankheitsbildern weiterführende ärztliche Leistungen zu erbringen. Mit der medizinischen App BENECURA können SWICA-Versicherte ausserdem bei Krankheitssymptomen einen digitalen SymptomCheck machen und erhalten Empfehlungen fürs weitere Vorgehen. Bei einem anschliessenden Telefonat mit santé24 entscheidet der Kunde im Einzelfall selber, ob er die im SymptomCheck gemachten Angaben santé24 freigeben möchte.

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