Leidenschaftliche Erscheinung: Alfa 159 Sportwagon.

Cuore Sportivo - der Alfa Romeo 159 Sportwagon

Der Alfa Romeo 159 Sportwagon weckt in Beat Erinnerungen und in Esther altgediente Klischees. Nach der Testfahrt sieht die Welt jedoch anders aus. Besser.

 

Beats Männermeinung:

Bis vor zehn Jahren arbeitete ich in grauen Latzhosen in einer Autogarage. Es war eine kleine Renault-Garage, in einem kleinen Industriegebiet in einer kleinen Aargauer Gemeinde. Das Industriegebiet war – bis auf wenige Ausnahmen – eigentlich eine Ansammlung verschiedener Autogaragen. «Wir» von Renault waren da, Ford war vertreten, Toyota ebenfalls. Und Alfa Romeo. Ich habe sie noch heute im Ohr, gewisse Alfa-Kunden, wie sie mit ihren «veredelten» Spidern, den 75ern, den 164ern, irgendwann den GTVs und schliesslich mit den 156ern unüberhörbar vor unseren Garagetoren vorbeipreschten. Fünf Jahre lang arbeitete ich in der kleinen Garage an der Ecke jenes Industriegebietchens. Nach fünf Jahren erkannte ich gewisse getunte Alfa-Modelle am Geräusch – lange bevor sie um die Kurve flogen.

Trotz einiger Alfa-Erfahrung bin ich bis vor kurzem noch nie mit einem dieser italienischen Flitzer gefahren. Ok, als junger Automechaniker fand ich die aufgemotzten Schlitten schon stark. Und auch gewisse «unangetastete» Modelle der Marke gefielen mir immer ganz gut. Der 156er zum Beispiel. Vor allem der Kombi. Aber ehrlich: Einen besonderen Drang, endlich mal einen Alfa fahren zu dürfen, konnte ich in meiner Gefühlswelt nie ausmachen.

Das hat sich nun geändert. Esther machte sich auf zum Alfa Romeo-Vertreter und kam mit einem 159er Sportwagon, einem Kombi also, nach Hause. Dem direkten Nachfolger der erfolgreichen 156er-Reihe. Der schnittige Kombi glänzte in der Frühlingssonne, Chromstahlgriffe und -Leisten glitzerten mit dem Lack um die Wette. In den Radhäusern wohnten immense «Alus», wie man früher sagte.

Der Auftritt der 159ers schien mir aus heutiger Warte grenzwertig. Einen kleinen Hüpfer entfernt bloss von der Übertreibung. Aber noch im grünen Bereich. Eine zurückhaltendere Farbe hätte dem Wagen nicht geschadet.

 

"Entspanntes Fahren war mit dem Wagen eigentlich nicht möglich. Denn kaum hörte man auf, sich darüber Gedanken zu machen, fuhr man schon wieder zu schnell."

 

Im Innenraum setzte sich mein Eindruck fort. Lederschalensitze, schwarz, mit roten Nähten. Massenhaft Zeiger-Instrumente, Cockpit-Feeling pur – und bequem ohne Ende. Wüsste ich es nicht besser, ich würde behaupten, der Fahrersitz sei an meinen eigenen Hintern angegossen worden. Das alles hat in mir irgendwie eine kindlich-jugendliche Freude ausgelöst. Eine Art Flashback, ein Jahrzehnt zurück.

Doch der 159er, den wir in der 2,0 Turbodiesel-Version testen durften, wusste auch den heutigen Beat zu überzeugen. Vor allem mit den Fahreigenschaften. Der Diesel ging, gepaart mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe, ab wie die Feuerwehr, nachdem der Turbolader einsetzte. Das Fahrwerk war ultrastraff – zu straff für den Alltag eigentlich, fürs Spasshaben aber irrsinnig gut. Das Problem: Entspanntes Fahren war mit dem Wagen eigentlich nicht möglich. Denn kaum hörte man auf, sich darüber Gedanken zu machen, fuhr man schon wieder zu schnell.

Das Highlight am Gesamtpaket Alfa-Romeo 159 Sportwagon ist, dass er tatsächlich ein Gesamtpaket ist. Denn das erfrischende Sportgefühl geht nicht etwa zu Lasten der Praktikabilität. So war etwa auch Platz vorhanden im Kofferraum, den man effektiv verwenden konnte. Ich kann mich zumindest an keine Situation erinnern, in der wir etwas nicht hätten mitführen können, das wir eigentlich hätten mitführen wollen. Italiener sind eben ausgeprägte Familienwesen. Und das zu erleben ist in der Schweiz etwas, das man nicht so schnell vergisst.

 

 

 

 

Esthers Frauenmeinung:

Ich war gespannt auf unseren ersten Alfa Romeo. Diese italienische Automarke war in meinem Knopf mit bestimmten Attributen verknüpft: sportlich, protzig, auffallend, grosse Fassade mit wenig dahinter sowie machohaft, um nur ein paar wenige zu nennen. Dies führte auch zu gewissen Berührungsängsten. Zum Glück zeigte mir der nette Verantwortliche für die Pressefahrzeuge bei der Übergabe des Alfa Romeo 159 Sportwagon im Detail, wie der Wagen zu bedienen ist. Kurz darauf verliess ich mit gutem Gefühl die Garage.

Das gute Gefühl blieb auch beim Fahren. Die Sitze waren oberbequem und ich fühlte mich darin wie in einem Rennwagen. Man sitzt richtig tief und sportlich. Eigentlich nicht gerade mein Geschmack, doch im 159 Sportwagon fühlte ich mich bombastisch. Das Lenkrad war etwas zu nahe am Körper und dementsprechend waren auch die Beine tief darunter versteckt. Beim Fahren war dies kein Problem. Beim Aussteigen kam ich jedoch ein paar Mal versehentlich an die Hupe, da der Oberkörper beim Verlassen des Fahrzeuges in die Quere kam. Als ich jedoch den Sitz jeweils vor dem Aussteigen nach hinten stellte, natürlich per automatischem Knopfdruck, passierte mir dieses Malheur nicht mehr.

Der Alfa Romeo 159 Sportwagon hatte die bequemste, bedienungsfreundlichste und angenehmste  Kuppelung mit 6 Gängen, die ich bis heute bedienen durfte. Es ist schwierig zu beschreiben weshalb. Und ich bevorzuge ja Automaten. Für diesen Wagen würde ich jedoch liebend gerne die Kupplung in Kauf nehmen. Der Testwagen beschleunigte sehr rasant und der Motor hinterliess einen kräftigen Eindruck

Rein optisch war der Alfa Romeo 159 Sportwagon so sportlich wie ich dachte. Durch die strahlende Farbe wirkte der Testwagen noch auffallender. So auffallend und anziehend für andere, dass ich immer wieder das Gefühl hatte, mir wurden von gewissen Herren neidvolle Blicke zugeworfen. Dieselben Herren staunten jeweils auch, wenn sie sahen, wer hinter dem Steuer sass. Ich vermute, rein optisch sehe ich nicht wie eine typische Alfa-Fahrerin aus. Doch vielleicht ist das auch eines meiner verankerten Klischees.

 

"Mehr als einmal, als unsere Kinder beim Autofahren einschliefen, drehten wir noch eine Extrarunde."

 

Man könnte meinen, bei solch einem sportlichen Wagen werde bei der Grösse des Kofferraums gespart. Nicht jedoch beim 159er. Platz gab es für unsere vierköpfige Familie im Alltag mehr als genug.

Wir fuhren so gerne mit dem 159 Sport Wagon, dass wir jede Gelegenheit nutzen, noch etwas länger mit dem Auto unterwegs zu sein. Mehr als einmal, als unsere Kinder beim Autofahren einschliefen, drehten wir noch eine Extrarunde. Ach, ich merke gerade, dass ich gar keine bewusste Abschiedsfahrt mit dem 159 Sportwagon drehte. Schade. Aber ich hoffe sehr, ich darf dies bei Gelegenheit nachholen.

Kurz zusammengefasst bin ich der Meinung: Wow, was für ein Auto! Ich wurde durchwegs positiv von dieser Italienischen Automarke überrascht und meine alt-verhafteten Vorstellungen darüber habe ich nun über Bord geworfen.

 

Der Alfa Romeo 159 Sportwagon, der italienische Familienalltagsrenner, ist ab 42'100 Franken zu haben. Weitere Informationen und Technische Daten sind hier zu finden.

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