Was müssen Autofahrer bei Verkehrsunfällen in der EU beachten?
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Wenn es im Ausland kracht – Was müssen Autofahrer bei Verkehrsunfällen in der EU beachten?

Sommerzeit ist Ferienzeit. Mehr als ärgerlich ist es da, wenn die Urlaubsstimmung durch einen Verkehrsunfall nachhaltig getrübt wird. Gerade wenn es auf der Strasse im Urlaubsland zu einem Unfall kommt, ist allen Beteiligten mehr als unklar, ob die örtliche Polizei gerufen werden muss,


ob alles selber geregelt werden kann und wo Tücken bei der Abwicklung lauern könnten. Folgende To-do-Liste gibt einige praktische Tipps, die helfen sollen, den Überblick zu behalten und Antworten auf die zentrale Frage zu liefern, wie bei einem Verkehrsunfall im europäischen Ausland angemessen zu verfahren ist.

 

Tipp 1: Vorsicht ist besser als Nachsicht!

Die beste Schadensabwicklung im Urlaub beginnt bereits mit einer gezielten Urlaubsvorbereitung. Alles, was hinsichtlich eines möglichen Schadensereignisses von Relevanz ist, sollte auf Vollständigkeit und Funktionalität überprüft werden:

  • Verbandskasten: Ist das Haltbarkeitsdatum noch gültig?
  • Pannendreieck
  • Notfall-Nummern: Sind die wichtigsten Telefonnummern mit an Bord und griffbereit?
  • Europäisches Unfallprotokoll
  • Internationale Versicherungskarte für Motorfahrzeuge (Grüne Karte)
  • Reserverad plus Wagenheber und Radmutternschlüssel
  • Kopien von Führer- und Fahrzeugausweis

 

Ausserdem ist es vorab unbedingt empfehlenswert, sich über die wichtigsten Verkehrsregeln und Bestimmungen des Ziellandes eingehend zu informieren: Gibt es grundsätzliche Tempolimits, wo liegen einzuhaltende Promillegrenzen, wie sehen landestypische Verkehrsvorschriften aus (z.B. Rechts- oder Linksverkehr etc.)? Gilt im Urlaubsland eine Warnwestenpflicht? Erkennt das Reiseland die inländische Version von Führerschein und Fahrzeugausweis an?

Ein Pkw-Urlaubscheck sollte Pannen im Ausland vermeiden helfen, gerade die Ersatzteilbeschaffung kann gerade am Urlaubsort zeitraubend und teuer werden, wenn zum Beispiel Ersatzteile nicht vorrätig sind und erst bestellt werden müssen.

Beim Beladen des Fahrzeuges sollten die schwersten Gegenstände wie grosse Koffer aufgrund ihres Schwerpunkts so tief wie möglich im Kofferraum verstaut werden, im Idealfall gleich über die Achse - auf möglichst lückenloses Packen achten!

 

Neben Reifendruck und -profil sollte ein Check auch Motoröl, Kühl- und Scheibenwasser beinhalten. Schlauchverbindungen, alle Lampen, Batterie und Scheibenwischanlage sind vor Reiseantritt unbedingt auf ihre Funktionalität zu testen. Ein Gang in die Werkstatt sollte grundsätzlich vor jedem Reiseantritt in die Reiseplanungen mit einbezogen werden.

 

 

Tipp 2: Wenn‘s passiert: Ruhe bewahren und die Unfallstelle absichern!

Als Verursacher oder Beteiligter muss der Betroffene am Unfallort bleiben und entsprechende Massnahmen der Absicherung und Hilfeleistung in die Wege leiten. Eigenmächtiges Entfernen stellt stets einen Straftatbestand dar, eine Strafe wegen Unfallflucht droht. Als erstes sollte der betroffene Autofahrer die Warnblinkanlage betätigen und wenn möglich vorsichtig aus dem Auto aussteigen. Nach Anlegen der obligatorischen Warnweste ist grundsätzlich zunächst der Unfallort mit Hilfe des Pannendreiecks entsprechend zu markieren. Ist die Sicht durch Nebel, starken Regen etc. beeinträchtigt, empfiehlt sich der Einsatz einer Warnleuchte und das Einschalten der Fahrzeugbeleuchtung.
Vorteilhaft ist, den nachfolgenden Verkehr durch entsprechende Handzeichen zu warnen. Dazu sollte dem Verkehr entgegengelaufen und ein Pannensignal auf und abgeschwenkt werden. Im Fall von kleineren Unfällen ohne Personenschäden und geringeren Sachschäden wird der Pkw an den Strassenrand gefahren, so dass der Verkehr nicht unnötig behindert wird. Nach ersten Sicherungsmassnahmen gilt es, sich einen Überblick über die Situation und das Ausmass der Schäden zu verschaffen. Zunächst muss festgestellt werden, ob es Verletzte gibt und wie gravierend sich die Verletzungen darstellen. Sind nur Schürfwunden, Kratzer oder Beulen zu verzeichnen, oder stellt sich die Lage dramatischer dar?
Grundsätzlich ist bei einem Unfall jeder Beteiligte verpflichtet, nach Möglichkeit zu helfen, ohne sich selbst dabei unnötig in Gefahr zu bringen. Bleibt eine Mitwirkung aus, macht sich der Betroffene wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar.

 

 

Tipp 3 – Sich noch vor der Nothilfe um Verletzte kümmern!

Daher ist das Leisten von Erste-Hilfe-Massnahmen im Notfall unbedingt angezeigt. Dazu gehört nach Empfehlung von erstehilfe.ch als erstes das umgehende Entfernen von Verletzten von der Fahrbahn, ohne dabei den nachfolgenden Verkehr aus den Augen zu verlieren. Befinden sich Verletzte am sicheren Strassenrand, sollte die Fahrbahn nach Möglichkeit nicht mehr betreten werden, Unfallbeteiligte begeben sich ausserhalb der Fahrbahn in Sicherheit. Verletzte sollten generell nicht sich selbst überlassen bleiben und Zuspruch erfahren.

Die Zeit, bis Rettungsdienst und Polizei an der Unfallstelle eintreffen, sollte unbedingt für Erste Hilfe genutzt werden, für Fehler kann der Retter als Laie jedoch nachträglich nicht haftbar gemacht werden.

 

Grundsätzlich sind bei Verletzten drei Kriterien zu überprüfen:

  • Atmet die Person unregelmässig?
  • Ist die Person nicht ansprechbar bzw. ohne Bewusstsein?
  • Liegen grössere, stark blutende Verletzungen vor?

Ist mindestens eine dieser Fragen mit „Ja“ zu beantworten, sind Erste-Hilfe-Massnahmen durchzuführen, eine Übersicht über die wichtigsten Notfallregeln findet sich in dieser Online-Übersicht.

 

 

Tipp 4 – Verständigung der Polizei und des Rettungsdienstes (112)!

Bei einem Auslandsunfall sollte nach Absetzen eines Rettungsnotrufs (europäische Notrufnummer 112) in jedem Fall sicherheitshalber noch zusätzlich die örtliche Polizei verständigt werden.
Bei Unfallmeldung sind entsprechende Auskünfte bezüglich der Fragen „Wo ist der Unfall passiert?“, „Wie viele Verletzte sind zu versorgen?“, „Was ist genau passiert, welche Verletzungen liegen vor?“ zu erteilen. Nach Informationsweitergabe sollte in jedem Fall nicht gleich aufgelegt werden, um noch für eventuelle Rückfragen bereitstehen zu können.
Selbst wenn der Betroffene nicht direkt und unmittelbar am Unfallgeschehen beteiligt ist, sollte zumindest das Eintreffen von Polizei und Rettungskräften abgewartet werden, um für eventuelle Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Eine Mithilfe als Zeuge zum Unfallhergang kann angezeigt sein, daher sollten sich alle mittelbar oder unmittelbar Beteiligten bis auf weiteres vor Ort zur Verfügung halten, bis die persönliche Anwesenheit aus Sicht der Polizei nicht mehr angezeigt ist.

 

Tipp 5 – Das Europäische Unfallprotokoll ausfüllen!

Gerade im Ausland können Sprachprobleme schnell zu Missverständnissen führen. Daher sollte grundsätzlich mit Ausnahme des Europäischen Unfallprotokolls nichts unterschrieben werden, was in ausländischer Sprache verfasst ist – es sei denn, der Betroffene ist der Sprache ausreichend mächtig, um wirklich alles hundertprozentig verstehen zu können. Vor Ort sollte in jedem Fall von einer Unterschrift unter ein Schuldanerkennungsdokument oder sonstigen nicht eindeutig verständlichen Dokumenten abgesehen werden.
Das Europäische Unfallprotokoll wird kostenlos zur Verfügung gestellt und kann etwa beim SRF heruntergeladen werden. Obwohl in Inhalt und Aufbau exakt gleich, gibt es den Unfallbericht in einer Reihe von verschiedenen europäischen Sprachvarianten. Alle am Unfall beteiligten Parteien müssen den Bericht ausfüllen und unterschreiben - inclusive Skizze der Unfallsituation sowie Name und Adresse von Zeugen. Mit der geleisteten Unterschrift wird jedoch kein Verschulden anerkannt, sondern lediglich die Richtigkeit der im Unfallprotokoll aufgezeichneten oder angekreuzten Fakten bestätigt. Das vom Unfallgegner mit unterzeichnete Doppel ist diesem auszuhändigen.

 

Tipp 6 - den Unfall für die Versicherung umfassend dokumentieren!

 

Das europäische Unfallprotokoll enthält sämtliche für die Regulierung im Schadensfall notwendigen Angaben, in einigen europäischen Staaten stellen die getroffenen Angaben alleinige Beurteilungsgrundlage hinsichtlich der Haftung der am Unfall Beteiligten dar und sind rechtlich bindend. Wie bei jedem inländischen Verkehrsunfall auch sollten Fotos vom Unfallort und entstandenen Schäden möglichst umfassend erstellt und Namen und Adressen von Augenzeugen notiert werden. Police-Nummer sowie Namen der Versicherungsgesellschaft des Unfallgegners (Feld Nr. 4 bzw. Nr. 10 auf der Grünen Karte) sind wichtige Daten zur Schadensabwicklung.

 

Tipp 7 – Die Grüne Versicherungskarte nicht vergessen!

Selbst bei nicht verschuldeten Unfällen ist es nicht immer einfach, Recht zu erhalten. Daher ist EU-weit die Grüne Versicherungskarte eingeführt worden, die von den Trägern ausgestellt wird, um die Schadensregulierung zu vereinfachen. Als Nachweis über eine bestehende Haftpflichtversicherung muss die Karte für das betreffende Auto ausgestellt sein, übertragbar sind die Grünen Karten bei einem Fahrzeugwechsel nicht. (Quelle: nbi-ngf.ch)
Angesichts etwaiger Reparaturen gilt abzuwägen, welchen Restwert das Fahrzeug darstellt. Nur bei grösseren Schäden bei einem neueren Auto lohnt ein Besuch bei einer Vertragswerkstatt des Herstellers im Urlaubsland. Entsprechend ist bei einem neueren, höherklassigen Kfz davon auszugehen, dass der Halter eine umfassendere Teilkasko- oder Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat, welche die Schäden anstandslos und umfassend übernimmt. Gleiches gilt auch für die sogenannten „Kollisionskasko-Tarife“, die sämtliche am Fahrzeug entstandenen Schäden ausgenommen Krawall-, Kriegs- und Tumult-Schäden übernehmen, worauf verivox auf einer Informationsübersicht über Kasko-Tarife hinweist. Eine Kollisionskaskoversicherung ist laut eigenen Angaben gerade für jene Autofahrer geeignet, die gerade auch im Ausland kein Risiko eingehen und auch nicht bereit sein wollen, ein Teil der Kosten selbst zu tragen. Darüber hinaus sei bei kleineren Bagatellschäden fallweise sorgsam abzuwägen, ob sich eine Meldung an die Versicherung lohne, wie es weiter in dem Artikel heisst. Denn mit jeder Schadensmeldung erhöht sich entsprechend die Schadensfreiheitsrabatt-Stufe und damit auch die Gesamtprämie – unabhängig davon, ob es sich um Schäden als Folge eines Unfalls oder reinen Vandalismus handelt.
Grundsätzlich ist eine Meldung an die Versicherung nur dann sinnvoll, wenn die Kosten den Selbstbehalt übersteigen. Wer gerade auch im Ausland auf grössten umfassenden Versicherungsschutz Wert legt, kann auch zu teureren Tarifen einer Parkschäden-Versicherung wechseln, die nicht nur Unfall-, sondern auch Vandalismus-Schäden im Ausland abdecken und keinen Selbstbehalt beinhalten. Die teuren Tarife lohnen sich wirtschaftlich jedoch nur bei neuen, höherklassigen Fahrzeugen.

 

Tipp 8 – Vorsorge treffen!

Gerade eine Pannenschutz-Versicherung kann sich im Ausland als besonders hilfreich erweisen, die zusätzlichen Schutz vor Hotelübernachtungs- und Rücktransport-Kosten bietet.

 

Auto-Kaskoversicherungen gelten in aller Regel europaweit, bei Reisen in entferntere Urlaubsländer sollte beim Versicherer abgeklärt werden, ob die Deckung genügt oder zusätzlicher Schutz angebracht ist. Um im Notfall die eigene Versicherung rasch kontaktieren zu können sollten Notfallnummern wie auch Policen-Nummern ständig griffbereit liegen. Gleiches sollte auch für die Notrufnummer des eigenen Verkehrsklubs gelten, wie beobachter.ch empfiehlt.
Arzt-, Spital- und Rechtsanwalt-Kosten können im Ausland schnell aus dem Ruder laufen, daher sollte auch der Abschluss einer Auslandskranken- und Verkehrsrechtsschutzversicherung eine Überlegung wert sein.

(Bilder von: fotolia©GTeam, fotolia©Miriam Dörr, fotolia©Fxquadro, fotolia©Adam Gregor)

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